Was ist Sexsucht?
"Sexsucht ist…ein dranghafter, unkontrollierbarer Teufelskreis.“
Hast du dich schon mal gefragt, ob Dein:e Partner:in oder Du sexsüchtig bist? Die Frage liegt oft nahe, wenn einer mehr will als der andere. Doch gesundes, auch gesteigertes, sexuelles Verlangen darf nicht voreilig das Label „gestört“ erhalten.
Sollte sexueller Hunger jedoch zum unstillbaren Zwang werden, Masturbation und One-Night-Stands zu Burnout-ähnlichen Zuständen führen und Leidensdruck im Spiel sein, könnte es sich um Sex-Sucht handeln. Diese erklären wir Dir hier.
Sex-Sucht: Definition von heute
Was wir umgangssprachlich als Sex-Sucht bezeichnen, nennt man in Fachkreisen „Gesteigertes sexuelles Verlangen“ oder auch Hypersexualität. Schätzungen gehen von 3 bis 5% in der Bevölkerung aus. Ab 2022 gibt es dafür im medizinischen Bereich eine neue Diagnose: „Zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung“.
Entscheidend für die Diagnose ist immer: Der Leidensdruck. Wenn jemand 17 Stunden masturbiert, aber kein Leiden verspürt und es keinerlei Konsequenzen gibt, dann ist es ok. Zwanghaftes Sexualverhalten sollte 6 Monate oder länger bestehen und folgende Kriterien aufweisen:
- Sexuelle Gedanken, Handlungen und Rituale nehmen fast alle Zeit in Anspruch. Andere lebenserhaltende Bereiche werden vernachlässigt.
- Sexuelle Impulse können nicht mehr kontrolliert werden. Versuche und Versprechen damit aufzuhören, scheitern.
- Trotz negativer Folgen, wie partnerschaftliche, familiäre, berufliche, finanzielle, gesundheitliche und gesetzliche Konsequenzen, wird das zwanghafte Sexualverhalten fortgesetzt.
- Das Sexualverhalten wird fortgeführt, obwohl es keine oder wenig Lust und Befriedigung verschafft.
Erscheinungen der Sex-Sucht
Bei den suchthaften, zwanghaften und sexuell impulsiven Handlungen wird unterschieden zwischen
Keine „sexsüchtige“ Person gleicht einer anderen
Ob Gene und angeborene Sex-Triebe, hormonelle oder neurologische Erkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder andere psychische Störungen - Die Ursachen können unterschiedlichsten Ursprungs sein und alle Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Viele leben unauffällig neben uns, manche fallen durch ihr Verhalten auf, bei manchen macht es sich bemerkbar durch Folgen wie ungewollte Schwangerschaft oder sexuell übertragbare Krankheiten.
Sex-Sucht: Ein psychischer Teufelskreis
Ob schwierige Familienkonstellationen oder Kindheitstraumen, viele konnten kein genügend stabiles Selbst oder Selbstwertgefühl entwickeln. Dadurch fällt ihnen echte Nähe und Intimität schwer. Stattdessen erleben Betroffene häufig ein Fehlen von Kontrolle, Identität und Bindung zu sich selbst.
Das Sexualverhalten wird hier zu einer Art Medikation, zur Selbstberuhigung, um Spannungen zu regulieren und negative durch positive Gefühle zu ersetzen. Es kann Ventil und Verleugnung für aggressive Impulse sein und die Spaltung zwischen Liebe und Triebe aufrechterhalten.
Doch all das verstärkt die innere Leere, sowie Schamgefühle und Selbstverachtung – und der Teufelskreis beginnt von vorne.
Behandlung von Sex-Sucht
Das Eingeständnis ist für Betroffene oft schwer. Wenn diese da ist, lohnt es sich, professionelle Hilfe zu holen. Denn:
JA! „Sex-Sucht“ kann behandelt werden. Therapieempfehlungen sind:
Von Sexsucht zu sexueller Beziehungsgesundheit
Das beste Gegenmittel für zwanghaftes, unbefriedigendes Sexualverhalten ist eine langfristige, emotional erfüllende Partnerschaft. Ob Single oder nicht: Anstelle von Zwang und sexuellen Leistungsansprüchen wie Orgas-_muss_-Pflicht, sollen Zärtlichkeit und Intimität zieloffen ausgetauscht werden. Wenn es für manche auch sehr erregend sein kann, andere als reines Sex-Objekt zu sehen: Die Fähigkeit, sich selbst anzunehmen und sich jederzeit gegenseitig in den:die Partner:in einfühlen zu können, ist von größter Bedeutung. Denn nur so kann es gelingen, dem „Suchen“ bei der Sex-„Sucht“ ein Ende zu setzen.
# Über die Autorin
Dr. Sandra Köhldorfer ist als Psychologische Psychotherapeutin tätig und erlangte Bekanntheit durch ihre Arbeit als Matching-Expertin im TV. Als EIS-Expertin schreibt sie über die Themen Beziehung und Psychologie. Zum Autorenprofil.