Promiskuität – Infos rund um die sexuelle Freizügigkeit
Promiskuität ist das Fremdwort für den sexuellen Kontakt mit (häufig) wechselnden Sexualpartner:innen. Wer sich sexuell freizügig verhält, lebt promisk. Und Menschen verurteilen promiskes Verhalten. Das hat aber durchaus System, wenn wir uns die Geschichte dahinter anschauen.
Promiskuität in der Geschichte
Jahrtausendelang war Promiskuität unerwünscht und ist es teilweise bis heute noch. Besonders mit den drei großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam wurde promiskes Verhalten abgelehnt. Sex soll nur zwischen Ehemann und Ehefrau zur Fortpflanzung erfolgen. Dies steht in extremem Widerspruch zu den vorherigen Religionen mit mehreren Gottheiten: Schaut man sich beispielsweise die Mythen des antiken Griechenlands an, so stellt sich die Frage, mit wem Göttervater Zeus eigentlich keinen Sex hatte?! Gottheiten wurden mit menschlichen Zügen dargestellt und dazu gehörte auch die Lust auf Sex.
In vielen Naturreligionen wurde die Nähe zu den Gottheiten sogar über Lust und Ekstase gesucht – aber spätestens seit den drei großen Weltreligionen ist dies nicht mehr so. Nun wird die Nähe zu Gott durch sexuelle Abstinenz und Kontrolle der Gelüste und Erregung gesucht. Bereits in den Königreichen der Antike, also etwa 800 vor Christus bis etwa 600 nach Christus, tauchen Hinweise auf, dass die „Jungfräulichkeit“ der Frau ein schützenswertes Gut sei und Ehebruch verboten war. Interessanterweise gilt das mit dem Ehebruch nur für das einfache Volk – bei Adeligen wurde Ehebruch geduldet. Doppelmoral begleitet uns Menschen also seit Jahrtausenden.
Das Schlechtreden von Sex
Springen wir ein paar Jahrhunderte nach vorne. Es ist 1712, wir sind in London und der neue Bestseller erscheint: das anonyme Buch Onania. Autor:in unbekannt. Aber alle wollen dieses Buch lesen. Der Inhalt beschreibt nämlich rückblickend einen Wendepunkt: Plötzlich wird Sexualität, insbesondere die Selbstbefriedigung, weg von einem religiösen hin zu einem medizinischen Kontext bewegt. Die Argumentation des:der Autors:Autorin ist eine ganz interessante – er:sie habe selbst geglaubt, dass geistlicher Beistand ausreiche, um Menschen von der Selbstbeschmutzung, die sich Onanieren nennt, zu befreien. Dem sei aber gar nicht so. Er:sie habe festgestellt, dass Tinkturen und Pulver eine viel bessere Wirkung zeigten. Und – oh Wunder – rein zufällig habe er genau diese Tinkturen und Pulver entdeckt und verkaufe sie in verschiedenen Läden. Das ist Marketing vom Feinsten!
Promiskuität galt lange als krankhaft
Einige sind wirklich auf diesen Zug aufgesprungen und die Kategorisierung von sexuellen Bedürfnissen als krankhaft nahm ihren Lauf. Das führte soweit, dass ein gewisser Herr Kellogg die Cornflakes in der Überzeugung erfand, dass fad schmeckendes Essen sexuelle Lust unterdrücke. Es wurden Lügen erzählt, dass Selbstbefriedigung zu Blindheit und „Verrücktheit“ führe. In Universitäten und Schulen wird Abstinenz gepredigt statt sexueller Aufklärung. Wer Sex hat, der bekomme unweigerlich Syphilis, Tripper, Feigwarzen und andere sexuell übertragbaren Infektionen. Und die Medikalisierung von sexuellen Bedürfnissen finden wir auch heute noch, im 21. Jahrhundert. Promiskuität wird als diagnostisches Kriterium und Symptom verschiedener psychischer Störungen benannt, so z.B. der Borderline-Persönlichkeitsstörung oder der bipolaren Störung, also einer manisch-depressiven Erkrankung.
Promiskuität im 21. Jahrhundert
Wenn, dann wurde Promiskuität geschichtlich eher den Männern erlaubt als Frauen. Und das ist bis heute so. Der Mann, der mit zig Frauen Sex hatte ist ein „Hengst“, aber die Frau, die mit mehreren Männern Sex hatte ist „leicht zu haben“. Auch unsere moderne Gesellschaft bestraft Frauen immer noch für ihr Sexualverhalten, Männer werden aber applaudiert.
Wenn ich eins weiß, dann dass ich nichts weiß. Ich verstehe nicht, warum Menschen meinen sich in das Sexualleben anderer einmischen zu dürfen. Solange erwachsene Menschen freiwillig miteinander etwas machen, was ihnen selbst und anderen nicht schadet, dann sollen sie doch. Was interessiert es mich, was jemand im Schlafzimmer macht? Oder im Wohnzimmer, oder in der Küche, oder im Auto... Oder anders gefragt: Wer bin ich denn, dass ich es mir erlaube, andere Menschen zu verurteilen, nur weil sie wechselnde Sexualpartner:innen haben? Vielleicht sollten wir einfach die Perspektive wechseln – statt zu verurteilen könnten wir uns auch denken, dass diese Menschen im Reinen mit sich und ihren Bedürfnissen zu sein scheinen. Und davon könnten sich richtig viele eine Scheibe abschneiden!