Eine Person hält viele Regenbogenflaggen und die trans* Flagge in der HandEine Person hält viele Regenbogenflaggen und die trans* Flagge in der Hand

Stockphoto/Getty. Evtl. dargestellte Personen sind Modelle.

Geschlechtsidentität

Alles zum Thema Gender und Geschlechtsausdruck

Was bedeutet Geschlechtsidentität?
Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung: Nicht dasselbe
Welche Geschlechtsidentitäten gibt es?
Woran erkenne ich meine Geschlechtsidentität?
Störung der Geschlechtsidentität als Krankheit?
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Zu welchem Geschlecht fühle ich mich zugehörig? Diese Frage ist zentral, um die eigene Geschlechtsidentität zu erkennen. Dabei gibt es übrigens noch viel mehr als nur männlich oder weiblich. Neugierig zu erfahren, welche Geschlechtsidentitäten es gibt und wie genau man nun die eigene Geschlechtsidentität erkennt? Wir verrate es Dir in diesem Artikel!

Was bedeutet Geschlechtsidentität?

Geschlechtsidentität (engl. auch Gender) beschreibt, zu welchem Geschlecht sich eine Person zugehörig fühlt. Es geht also nicht um den Körper und nicht um Genitalien, sondern um eine innere Überzeugung. Darauf kann man übrigens keinen bewussten Einfluss nehmen, irgendwann spürt man einfach was sich für einen stimmig anfühlt – und was nicht.

Bei vielen stimmt die Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht überein. Aber was heißt das nun eigentlich wieder – bei der Geburt zugewiesen? Damit ist gemeint, dass Babys anhand ihrer Genitalien in die Kategorien männlich, weiblich und intergeschlechtlich eingeteilt werden. Babys mit Penis erhalten den Geschlechtseintrag „männlich“, Babys mit Vulva und Vagina den Eintrag „weiblich“ und Babys mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung den Eintrag „intergeschlechtlich“. Wenn man sich später mit dem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht wohlfühlt, heißt das cisgeschlechtlich (kurz auch nur cis).

Allerdings kann die Geschlechtsidentität auch vom zugewiesenen Geschlecht abweichen – in diesem Fall spricht man von Transgeschlechtlichkeit (kurz trans*). Trans* Männer wurden bei der Geburt als Mädchen eingetragen, fühlen sich aber männlich und trans* Frauen erhielten zwar den männlichen Geschlechtseintrag, fühlen sich aber weiblich. Und dann gibt es auch noch Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht in die binäre Einteilung männlich oder weiblich passt. Hier spricht man dann von nicht binären Geschlechtsidentitäten.

# Gut zu wissen

Der Geschlechtsausdruck beschreibt, wie eine Person ihr Geschlechtsempfinden nach außen hin zeigt. Hierzu können Kleidungsstil, Frisur, Name und Pronomen zählen. Der Geschlechtsausdruck kann mit der Geschlechtsidentität übereinstimmen, aber auch davon abweichen – beispielsweise bei nicht geouteten trans* Menschen. Prinzipiell ist es nicht möglich, Menschen ihre Geschlechtsidentität anzusehen.

Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung: Nicht dasselbe

Bei der Geschlechtsidentität geht es also wirklich nur darum, wie eine Person ihr eigenes Geschlecht wahrnimmt – nicht darum, von wem sie sich sexuell oder romantisch angezogen fühlt. Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung sind nämlich zwei verschiedene Sachen, die nicht zusammen hängen.

Bei der sexuellen Orientierung steht nicht die eigene Identität im Mittelpunkt, sondern das Geschlecht der Personen, von denen man sich sexuell oder romantisch angezogen fühlt. Hier geht es um die Frage, mit welchen Geschlechtern Du gerne Sex haben würdest oder Dir eine Beziehung vorstellen könntest. Häufige sexuelle Orientierungen sind:

  • Heterosexuell: In einer binären Geschlechtseinteilung bedeutet heterosexuell, dass man auf „das andere Geschlecht“ steht. Männer, die nur auf Frauen stehen, und Frauen, die sich nur von Männern angezogen fühlen, gelten als heterosexuell. 
  • Homosexuell: Homosexuelle Menschen spüren eine Anziehung nur zu dem eigenen Geschlecht. Frauen, die nur auf Frauen stehen, sind lesbisch und Männer, die nur auf Männer stehen sind schwul.
  • Bisexuell: Bisexuelle Menschen fühlen sich von mehr als einem Geschlecht angezogen. Also sowohl von Männern als auch von Frauen. Oft fühlen sich bisexuelle Personen auch zu nicht binären und trans* Menschen hingezogen. Ist die Anziehung komplett unabhängig vom Geschlecht des Gegenübers kann man das auch pansexuell nennen.
  • Die Geschlechtsidentität sagt dabei gar nichts über die sexuelle Orientierung aus. Ein Beispiel: Eine Frau wurde mit Vulva und Vagina geboren und erhielt deshalb den weiblichen Geschlechtseintrag. Damit fühlt sie sich im Laufe ihres Lebens auch immer wohl, beziehungsweise denkt gar nicht weiter darüber nach. Ihre Geschlechtsidentität ist weiblich. Doch natürlich verrät uns diese Tatsache alleine nun nicht, welche Geschlechter diese Frau gerne daten würde. Männer, Frauen oder ist es total egal? Heterosexuelle und homosexuelle Frauen gibt es nämlich genauso wie bisexuelle Frauen. 

    Die gleiche Logik gilt übrigens auch für alle anderen Geschlechtsidentitäten. Nur weil Dir jemand offenbart, wie er, sie oder they sich im Bezug auf das eigene Geschlecht fühlt, kannst Du daraus noch lange keine Schlüsse ziehen, auf welche Geschlechter diese Person beim Dating steht.

    Welche Geschlechtsidentitäten gibt es?

    Einige Geschlechtsidentitäten haben wir nun schon kennengelernt. Manchmal ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Wenn Du Dich nach wie vor fragst: „Welche Geschlechtsidentitäten gibt es eigentlich?“, kommt hier eine Liste der häufigsten Geschlechtsidentitäten:

  • Weiblich: Hierzu zählen cis Frauen und Mädchen genauso wie trans* Frauen.
  • Männlich: Neben cis Männern und Jungs auch trans* Männer.
  • Cisgeschlechtlich: Menschen, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, wohlfühlen.
  • Transgeschlechtlich: Personen, die sich mit dem Geschlechtseintrag bei der Geburt nicht identifizieren, können sich im Laufe ihres Lebens als trans* outen
  • Intergeschlechtlich: Intergeschlechtlichkeit bezieht sich eigentlich auf den Körper. Trotzdem bezeichnen einige intersexuelle Menschen auch ihre geschlechtliche Identität als inter*.
  • Nicht binär: Eine nicht binäre Geschlechtsidentität bedeutet, dass sich jemand in der binären Einteilung in Mann/Frau nicht gesehen fühlt. Dabei ist es sowohl möglich, sich beiden Kategorien zugehörig zu fühlen oder sich ganz jenseits der binären Zweiteilung zu verorten.
  • Genderqueer: Hierbei handelt es sich um einen Oberbegriff für queere Geschlechtsidentitäten. Alle Identitäten, die nicht cisgeschlechtlich sind, können zur Kategorie genderqueer gezählt werden.
  • Genderfluid: Die Bezeichnung genderfluid wählen Menschen, die ihr eigenes Geschlecht als etwas Fließendes wahrnehmen. Mal fühlen sie sich weiblicher, mal männlicher, mal nichts von beidem.
  • Agender: Personen mit diesem Label fühlen sich gar keiner Geschlechtsidentität zugehörig und beschreiben sich selbst als geschlechtslos.
  • Demigirl: Jemand, der sich teilweise als weiblich empfindet.
  • Demiboy: Jemand, der sich als teilweise männlich identifiziert.
  • Die Liste der Geschlechtsidentitäten ist allerdings nicht vollständig. Denn immer wieder tauchen neue Begriffe für Geschlechter auf. Ist das also alles nur ein Trend? Nein, ganz im Gegenteil. Es gab schon immer ein buntes Spektrum an Geschlechtsidentitäten, lange Zeit fehlten allerdings die passenden Worte, um diese zu beschreiben. Heutzutage hilft die Vernetzung im Internet und sexualpädagogische Aufklärung dabei, die Geschlechtsvielfalt sichtbar zu machen und zu benennen. Und das ist auch gut so. Denn Label helfen bei der Sichtbarkeit und das wiederrum dabei, geteilte Diskriminierungserfahrungen zu benennen und etwas dagegen zu unternehmen.

    Woran erkenne ich meine Geschlechtsidentität?

    Die Frage nach der eigenen Geschlechtsidentität kann für jede:n unterschiedlich aussehen. Manche Menschen hinterfragen ihr bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nie, weil sie sich damit wohl fühlen – sie sind höchstwahrscheinlich cisgeschlechtlich. Andere stellen irgendwann fest, dass dieses Label nicht mit ihrem inneren Empfinden übereinstimmt. Es gibt kein "richtig" oder "falsch", wenn es darum geht, wer Du bist – Deine Geschlechtsidentität ist so individuell wie Du selbst.

    Wenn Du Dich fragst, wie Du Deine Geschlechtsidentität herausfinden kannst, helfen Dir vielleicht die folgenden Reflexionsfragen:

  • Hast Du manchmal das Gefühl, dass die Art und Weise wie andere Menschen Dich wahrnehmen und über Dich sprechen nicht zu Deinem inneren Empfinden passt?
  • Fühlst Du Dich damit wohl, wenn andere Dich als männlich/weiblich bezeichnen?
  • Hast Du das Gefühl das Dein Geschlechtsausdruck nach außen mit Deiner wahren Identität übereinstimmt?
  • Welche Pronomen fühlen sich für Dich richtig an?
  • Wie fühlst Du Dich in Deinem Körper? Denkst Du manchmal darüber nach, dass Du Dich mit anderen Genitalien und/oder Brüsten wohler fühlen würdest?
  • Wie fühlst Du Dich mit den Erwartungen, die andren aufgrund Deines Geschlechts an Dich stellen?
  • Gibt es eine Geschlechtsidentität die Dich fasziniert und über die Du gerne mehr Lernen würdest?
  • Diese Fragen sind keine Checkliste, sondern Anregungen für Deine persönliche Selbstreflexion. Es kann auch helfen, sich mit anderen Menschen auszutauschen, die sich ähnlich fühlen wie Du. LGBTQ Stammtische oder Veranstaltungen eignen sich hierfür genauso gut wie online Foren. Wenn Du mit der Frage nach Deiner Geschlechtsidentität überfordert bist, kann auch professionelle Unterstützung sinnvoll sein. Das bedeutet nicht, dass mit Dir etwas nicht stimmt! Die Expert:innen helfen Dir lediglich dabei, Deine Gedanken zu sortieren und zu Dir selbst zu finden. Wichtig ist: Es gibt keinen Zeitdruck, Deine Identität zu definieren. Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst, und erlaube Dir, Dich weiterzuentwickeln.

    Störung der Geschlechtsidentität als Krankheit?

    Selbst wenn Deine Geschlechtsidentität nicht mit Deinem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt, ist das keine Krankheit! Das zeigt auch das ICD-11, die internationale Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Krankheiten und Gesundheitsfragen. Geschlechtsidentität wird darin nicht als Störung, sondern als „Geschlechtsinkongruenz“ im Zusammenhang mit sexueller Gesundheit aufgeführt.

    Inkongruenz bedeutet, dass etwas nicht übereinstimmt – in diesem Fall das empfundene Geschlecht und das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht. Dieser Begriff beschreibt wertfrei, was es bedeutet, wenn Menschen sich nicht mit ihrem Geburtsgeschlecht identifizieren. Es ist höchste Zeit, trans* und nicht binäre Identitäten zu entpathologisieren. Nur weil etwas auf eine Minderheit zutrifft, bedeutet das nicht, dass es krankhaft ist! Jeder Mensch hat das Recht, sich frei zu entfalten – unabhängig davon, ob die eigene Identität gesellschaftlichen Normen entspricht oder nicht. Und gerade für Menschen, die sich bisher wenig Gedanken über ihre Geschlechtsidentität machen mussten, weil sie sich immer damit wohlgefühlt haben, gilt: Seid empathisch mit anderen und sprecht ihnen ihre Lebensrealität nicht ab!

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