Asexuell und Kinderwunsch: Schließt sich das aus?
Nicht alle Menschen verspüren sexuelles Verlangen. Diese Menschen beschreibt man als asexuell. Asexualität ist Teil der menschlichen Sexualität und ganz normal – keine Störung und auch keine Krankheit. Sie muss nicht behandelt werden, da Asexuelle in der Regel nicht darunter leiden. Sie möchten einfach keinen Sex haben.
Für viele Asexuelle ist es allerdings schwer herauszufinden, dass sie überhaupt asexuell sind. Wer keine sexuelle Anziehung spürt, der wird nicht merken, dass sich etwas falsch anfühlt. Ein schwuler Mann wird zum Beispiel schneller herausfinden, dass er sich eher zu Männern hingezogen fühlt als zu Frauen.
Manche Asexuelle haben Lust auf Erotik, andere nicht. Sie haben Fetische und empfinden Spaß daran, sie auszuleben. Asexuelle können erregt sein oder sich verlieben. Sie küssen, masturbieren, streicheln. Aber eben nicht alle. Denn an einem Punkt kommen alle Asexuelle zusammen: Sie möchten nicht mit anderen schlafen.
Asexuelle und der Wunsch nach Kindern
Wie ist es allerdings mit dem Kinderwunsch? Möchten Asexuelle Kinder haben? Laut des Forums “AVEN”: ja. Dort schreiben mehrere User:innen von ihren Wünschen und diskutieren darüber. “Ich bin Asexuell (wie die meisten hier) und ich und Beziehung passt genau so wenig zusammen wie Sex und Kloster. […] Habe aber schon relativ lange einen Intensiven Kinderwunsch”, schreibt eine Userin.
Eine andere meint: “Sicher, ich habe schon einen lang gehegten Kinderwunsch, aber mittlerweile freunde ich mich auch mit der Vorstellung an, mein Leben lang allein/mit einer Freundin/ in einer WG zu wohnen – solange ich auch einen Hund habe.”
Asexuelle haben also sehr wohl einen Kinderwunsch – auch wenn sie diesen nicht unbedingt erfüllen. Dass asexuelle Menschen einen Wunsch nach Kindern haben, bedeutet aber nicht gleich, dass sie auch Verlangen nach Sex haben. Dennoch ist für einige Asexuelle der Wunsch nach einem Kind so groß, dass sie mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin schlafen – auch wenn es ihnen keine Lust bereitet.
Nachwuchs ohne Sex
Um ein Kind zu bekommen, muss eine asexuelle Person nicht einmal zwangsläufig Sex haben. Mit der sogenannten Becherchen-Methode kann sich eine Frau befruchten lassen, ohne die Penetration durch einen Penis.
Auch das Co-Parenting ist eine beliebte Option, um Nachwuchs zu bekommen: Sie beschreibt eine Form der Familiengründung, bei der zwei Erwachsene sich zusammentun, um ein Kind zu bekommen und es gemeinsam großzuziehen. Allerdings haben sie meist keinen Sex, leben in getrennten Haushalten und führen auch keine romantische Beziehung miteinander. Um jemanden für das Co-Parenting zu finden, gibt es Kontaktbörsen im Internet. Oft finden sich auch Menschen im Bekannten- und Freundeskreis. Das Co-Parenting braucht oft eine enge Absprache über Aufgabenverteilungen, Kostenübernahmen und Zeitpläne.
Bekannter ist die klassische Adoption, bei der ein “fremdes” Kind angenommen wird. Sowohl leiblich verwandte als auch nicht verwandte Menschen können adoptiert werden. Für das Kind erlöschen in dem Fall einer Adoption die rechtlichen Verbindungen zu den biologischen Eltern.
Anders sieht es bei dem Pflegekind aus: Ein Pflegekind wird vorübergehend oder auf Dauer in einer Familie oder von einem Pflegevater oder -mutter aufgenommen. Das Kind lebt dann bei seiner Pflegefamilie statt bei seiner biologischen Familie, meist bis zu seiner Volljährigkeit. Oft gehen Missbrauch in Form von Gewalt oder anderen niederen Lebensumstände für das Kind voran. Die Pflegefamilie wird als Ausweichmöglichkeit für ein Leben im Heim gesehen. Die rechtliche Verbindung zu den biologischen Eltern erlischt nicht.
Wie und ob ein Familienleben stattfindet und ermöglicht wird, muss jede:r für sich selbst entscheiden – ob allein oder in einer Beziehung. Asexuelle Partnerschaften erfordern oft Kreativität und Kompromisse, zumindest wenn man von den gesellschaftlichen Normen ausgeht. Natürlich besonders, wie in allen anderen Beziehung auch, wenn ein Kinderwunsch vorhanden ist.
# Über den Autor
Sebastian Goddemeier ist Autor, Journalist und Sprecher und EIS-Experte für queere Themen. Zum Autorenprofil.
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