Samenstau
Was passiert, wenn man Sperma nicht rauslässt?
Du masturbierst oder hast Sex, Du hast einen Samenerguss, das Sperma ist draußen – so weit, so einfach. Aber was passiert eigentlich, wenn Du das Sperma nicht rauslässt? Wenn Du eine Zeit lang oder sogar für immer abstinent lebst? Kommt es dann zu einem Samenstau, von dem immer wieder mal die Rede ist? Oder lässt Dein Körper das Sperma auf anderem Wege verschwinden? Interessante Fragen, der wir mal etwas genauer auf den Grund gegangen sind. Denn die Spermaproduktion steht ja eigentlich nie still, oder?
Ein Kraftwerk für Sperma – die Produktion ist rege!
Jeden Tag produzieren Deine Hoden etwa 40 Millionen Spermien. Nun sind die Schwimmerchen zwar ziemlich klein, doch auch der Platz in Deinen Hoden ist begrenzt. Was passiert also mit der immer weiter anwachsenden Spermienproduktion, wenn Du keinen Platz für Nachschub schaffst? Ein ewiger Mythos ist und bleibt der berühmt-berüchtigte Samenstau, den einige Männer sogar laut eigener Aussage spüren können. Sie fühlen dann großen Druck, das Sperma muss raus, sonst kommt es zu Hodenschmerzen! Aber entsteht das Gefühl viel mehr im Kopf oder ist es wirklich echt?
Was ist ein Samenstau?
Fakt ist, die männlichen Hoden produzieren fortlaufend Spermien und die Prostata Samenflüssigkeit. Egal ob du nun ejakulierst oder nicht. Somit wäre es erst einmal logisch zu erklären, dass der Samenstau nach einer gewissen Zeit auftritt. Aber Dein Körper arbeitet sehr effizient und sammelt ungenutztes Sperma nicht einfach permanent in den Hoden an. Stattdessen wird es resorbiert, damit Platz für Nachschub geschaffen wird. Die Spermien werden also aufgelöst und dann über die Lymphbahnen und die Blutbahn abtransportiert. Diesen Prozess wird übrigens als Resorption bezeichnet und verhindert, dass ein „Stau“ der gar nicht erst entstehen kann.
# Schon gewusst?
Die Spermienproduktion ist in der Altersklasse 20 bis 40 Jahre am höchsten, da die Hoden- und Nebenhoden am aktivsten sind. Demnach sind es eher Männer in diesem Alter anfälliger für Verletzungen oder Entzündungen.
Samenstau: Das passiert, wenn man lange keinen Samenerguss hat
Ein anderer Weg, wie Dein Körper überflüssiges Sperma abbaut bzw. ausscheidet ist durch Pollution. Poll.. was? Kennst Du das Gefühl, morgens aufzuwachen und getrocknetes Sperma in der Hose oder dem Bettlacken vorzufinden? Wenn ja, dann hattest Du einen „feuchten Traum“. Dieser wird Pollution genannt und bezeichnet einen unbewussten, nächtlichen Samenerguss. Dabei ejakulierst Du nachts, ohne besondere Träume und ohne Dich selbst zu berühren. Manchmal findet ein solches Ereignis schon nach wenigen Tagen Abstinenz statt, manchmal erst nach Monaten und manchmal auch gar nicht.
Übrigens: Erlebst Du eine Pollution, muss diese nicht zwangsläufig mit einer Erektion einhergehen. Sowohl im bewussten als auch im unbewussten Zustand können Männer nämlich in der Lage sein, ohne Erektion zu ejakulieren. In der Traumphase fehlen oft die Kontrollmechanismen, die im wachen Zustand bewusst vorhanden sind. Ein derart spontaner Samenerguss wird durch Muskelkontraktionen der Potenzmuskulatur verursacht, die im Bereich des Beckenbodens verankert ist.
# Schon gewusst?
Wie lange es dauert, bis es zu einer Pollution kommt, ist von Mann zu Mann unterschiedlich. Anhängig ist dies nämlich meist vom Alter und körperlichem Zustand. Somit kann ein nächtlicher Samenerguss schon nach ein paar Tagen, Wochen oder auch Monaten ausgelöst werden.
Verursacht ein Samenstau schmerzen?
Viele Männer klagen, dass das Sperma einfach regelmäßig raus muss, da es sonst zu Krämpfen und Schmerzen kommt. Doch stimmt das eigentlich? Ja – ein ausbleibender Orgasmus samt Samenerguss kann in der Tat schmerzhaft werden. Denn die Muskulatur der Samenwege leitet regelmäßig das Sperma vom Hoden in den Nebenhoden. Findet jedoch über längere Zeit keine „Entleerung“ statt, dann kann es zu Krämpfen kommen und ein schmerzhaftes Druckgefühl entsteht.
Bräutigams- oder KAVALIERSSCHMERZEN
Kavaliersschmerzen, Bräutigamsschmerzen oder auch „Blue Balls“ gelten als Mythos, allerdings als einer, an dem etwas dran ist. Als Blue Balls wird das Phänomen bezeichnet, wenn sich Deine Hoden durch einen nicht stattgefundenen Samenerguss blau verfärben. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen Samenstau, sondern um ein Phänomen, das nach starker sexueller Erregung ohne Orgasmus auftreten kann. Schuld hierfür ist ein Muskelkrampf im Bereich der Samenwege, der zu Schmerzen und sogar zu einer Blaufärbung der Hoden führen kann.
Weitere Symptome bei einem Samenstau
Zusätzlich den stechenden Schmerzen in den Hoden, kann sich ein Samenstau auch durch andere Symptome bemerkbar machen. So etwa kann es auch zu einem vermehrten Brennen oder gar einer Schwellung des Hoden kommen.
Vor allem Männer, die keine Vasektomie durchgeführt haben, sollten hier äußert vorsichtig sein. Im schlimmsten Fall kommt es bei einer längeren Blockade zu einer Nebenhodenentzündung führen. Diese Entzündungen sind in der Regel bakterieller Natur, können jedoch in seltenen Fällen auch durch Viren verursacht werden. Nichtinfektiöse Entzündungen des Nebenhodens werden als Epididymiden bezeichnet.
Warum entsteht eine Epididymitis? Bakterien können sich bei einem blockierten Samenfluss vermehren, wenn sie durch die Harnröhre in den Fortpflanzungstrakt gelangen und nicht durch eine angemessene Entleerung ausgeschieden werden. Massive Entzündungen mit den entsprechenden Symptomen treten normalerweise erst auf, wenn eine bestimmte Menge an Bakterien erreicht ist. Bakterien gedeihen jedoch in dieser Umgebung und vermehren sich dort gut.
Was tun bei Samenstau Schmerzen?
Um schmerzhafte Konsequenzen eines blockierten Samenflusses zu vermeiden, ist es wichtig, bei Auftreten von Symptome eine:n Facharzt:in aufzusuchen. Diese:r kann feststellen, ob beispielsweise eine Obstruktion vorliegt, eine Verstopfung oder Verengung von Gefäßen oder Kanälen, die die Ausscheidung von Spermien verhindert.
Auch schmerzhafte Blockaden können in der Prostata und den Bläschendrüsen (Samenblasen) auftreten, da der Körper in diesen Geschlechtsdrüsen den Großteil der Samenflüssigkeit produziert.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sich der Körper im Laufe der Zeit auf einen bestimmten Rhythmus einstellen kann, was die Ausscheidung alter Spermien betrifft. Mit anderen Worten: Wer häufig ejakuliert und dann plötzlich aufhört, wird wahrscheinlich eher mit den beschriebenen Druckschmerzen konfrontiert.
Samenstau vorbeugen durch regelmäßigen Samenerguss
Regelmäßige Ejakulationen, bei denen unverbrauchte Spermien ausgeschieden werden, beugen nicht nur einem Samenstau vor. Es ist auch hilfreich für gesunde Samenkanäle, da sie sozusagen "durchgespült" werden. Auf diese Weise können auch Zellreste und Bakterien aus dem Körper transportiert werden, was wiederum das Risiko von Entzündungen reduziert.
Erste wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Prostatakrebs und unregelmäßigem Ejakulieren gibt. Es wurde gezeigt, dass durch das Verbleiben von Zellresten oder bakteriellen oder viralen Strukturen zelluläre Veränderungen angeregt werden können, die letztendlich zu Prostatakrebs führen können. Dies ist jedoch noch nicht abschließend bewiesen.
Dennoch scheint regelmäßiges Ejakulieren und damit die regelmäßige Entleerung des Fortpflanzungstraktes nicht nur einem Samenstau vorzubeugen, sondern wahrscheinlich auch das Risiko der Entwicklung von Prostatakrebs zu senken. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass genetische Faktoren sowie verschiedene äußere Faktoren eine große Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs spielen. Gesunde Ernährung und körperliche Bewegung sind wichtige Beiträge zur Erhaltung der Gesundheit des Körpers, obwohl regelmäßiges Ejakulieren zumindest ein Teilaspekt sein könnte.
Andere wissenschaftliche Studien legen nahe, dass wiederkehrende Prostataentzündungen, Prostataschmerzen (Prostatadynie) und die sogenannte Prostatitis (sowohl akut als auch chronisch) vermehrt auftreten, wenn kein regelmäßiger Samenerguss stattfindet. Demnach ist es also ratsam, öfter mal selber Hand anzulegen, um solche Krankheitsbilder zu verhindern oder zumindest ihre Häufigkeit zu reduzieren.
Faktencheck zum Samenstau – das musst Du unbedingt wissen
Der Samenstau und die Vasektomie
Du hast bereits eine Vasektomie und machst Dir sorgen über einen Samenstau? Grundsätzlich kommt dies hier deutlich seltener vor, denn bei einer Vasektomie wird der Samenleiter durchtrennt. Die Samenproduktion findet weiterhin in den Hoden statt, aber die Spermien bewegen sich nun von den Nebenhoden in Richtung des durchtrennten Teils des Samenleiters. Hier kann es womöglich zu einem Samenstau bzw. einer Blockade kommen. Der Körper befördert die Spermien über die Lymphwege und den Blutabfluss. Wenn jedoch diese Form der Resorption nicht einwandfrei funktioniert, können Männer, die eine Vasektomie hatten, ebenfalls an Kavaliersschmerzen leiden.
Der Samenerguss und sein Einfluss auf Prostatakrebs
Enthaltsamkeit ist grundsätzlich nicht gesundheitsgefährdend. Im Rahmen des „No-Nut-Novembers“ verzichten auch immer mehr (junge) Männer freiwillig für einen Monat auf sexuelle Aktivität. Allerdings haben Forschende bereits herausfinden können, dass häufige Samenergüsse das Risiko von Prostatakrebs verringern können. Die besten Ergebnisse ergaben sich bei Männern, die mehr als 21 Mal pro Monat ejakulierten. Somit kann die Anschaffung eines neuen Masturbators sogar als Investition in die Gesundheit gesehen werden.
Die retrograde Ejakulation und ihre Folgen
Eine besondere Form des verhinderten Samenergusses ist die retrograde Ejakulation. Bei dieser Variante tritt kein sichtbarer Samenerguss aus Deinem Penis aus, stattdessen gelangt das Ejakulat über die Harnröhre in die Blase. Dieses Phänomen wird ausgelöst, wenn sich der Blasenhals beim Orgasmus nicht schließt. Das Ejakulat wird dann fehlgeleitet und in die Blase entleert. Folgen hat das für Dich zunächst einmal nicht, beim nächsten Urinieren verlässt das Sperma Deinen Körper. Wenn das Phänomen öfters auftritt, solltest Du allerdings eine:n Ärztin:Arzt aufsuchen!
Verweiblichung des Körpers – nur ein Mythos!
Böse Zungen behaupten, dass Männer, die über einen langen Zeitraum keinen Samenerguss haben, körperlich zu einer Frau werden. Das ist natürlich absoluter Unsinn, allerdings verändert sich der Anteil der Geschlechtshormone bei dauernder Abstinenz tatsächlich. Es wird weniger Testosteron produziert, nach rund sieben Tagen befindet sich der Testosteronspiegel auf seinem Maximum. Danach beginnt er kontinuierlich zu sinken. Das kann sich beim Muskelaufbau bemerkbar machen, da Testosteron hier einen begünstigenden Einfluss hat. Eine Verweiblichung des männlichen Körperbaus findet jedoch auch bei dauerhafter Abstinenz nicht statt.
Macht Ejakulationslosigkeit traurig?
Sex und Masturbation sind eng mit der Ausschüttung von Hormonen wie Oxytocin und Endorphinen verbunden. Oder, um es kurz auf den Punkt zu bringen: Hast Du Sex (auch mit Dir selbst), bist Du (in der Regel) glücklich. Außerdem wird durch Sex die Menge des Stresshormons (Cortisol) eingeschränkt.
Tatsächlich kann es passieren, dass der dauerhafte Verzicht auf Samenergüsse das Gefühlsleben negativ beeinflusst. In einigen Studien gaben Männer an, dass der Verzicht auf Masturbation oder Sex dazu führte, dass sie weniger leistungsfähig und vermehrt traurig waren. Das ist aber letztlich wohl ein ganz individueller Prozess.
Achtung Mindesthaltbarkeit – abgelaufenes Sperma?
Wir wissen nun also, dass der gefährliche Samenstau ein Mythos ist und der Körper die überschüssigen Spermien abbaut. Aber was ist eigentlich, wenn er dafür zu lange braucht? Sind die vorherigen Spermien dann irgendwann schlecht? Hat Sperma ein MHD und muss bis zu einem gewissen Datum verbraucht oder eben entsorgt werden, damit es nicht zur Schimmelbildung kommt? Nein: Der Körper weiß genau, wann er mit der Entsorgung beginnen muss. Tatsächlich kann es aber passieren, dass in einem Samenerguss, der nach langer Abstinenz erfolgt, weniger lebensfähige Spermien enthalten sind. „Schlecht“ sind die im eigentlichen Sinne aber nicht.
Fazit: Was passiert, wenn man Sperma nicht rauslässt?
Wie oft Du ejakulierst, bleibt glücklicherweise Deine ganz individuelle Entscheidung – Du musst keine gesundheitlichen Folgen befürchten, wenn Du mal eine Zeit lang nicht masturbierst oder Sex hast. Es gibt Männer, die in Abstinenz einige Vorteile sehen und auch Mediziner, die der Annahme zustimmen. Andere wiederum sind sich sicher, dass viele Orgasmen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben.