Die Prostatamassage aus medizinischer Sicht
Die Prostata ist ein Teil des männlichen Genitalsystems. Neben ihrer Bedeutung für die Produktion der Samenflüssigkeit gilt sie auch als eine erogene Zone, sozusagen als der „G-Punkt des Mannes“. Sie kann durch eine sanfte Tantra-Massage über den Damm oder den Anus stimuliert werden.
Was ist eine Prostatamassage?
Eine Prostata-Massage gilt also zunächst einmal als eine Sexualpraktik. In der Medizin wird diese von manchen Ärzten aber auch zu Untersuchungs- oder Therapiezwecken eingesetzt. Als Urologe konzentriere ich mich in diesem Artikel vorwiegend auf die medizinischen Aspekte der Massage.
Wie wird die Prostata massiert?
Bei einer Prostatamassage durch den Arzt führt dieser einen behandschuhten Finger mit Hilfe von Gleitmittel in den After ein und massiert die beiden Seitenlappen der Drüse mit sanftem Druck. Dies tut er beispielsweise, damit die Prostata ihr Sekret zu Untersuchungszwecken abgibt.
Wenn Du selbst eine Prostatamassage durchführen oder von Deiner Partnerin oder Deinem Partner erhalten möchtest, ist das in der Regel gefahrlos möglich. Beachte aber bitte folgende Hinweise:
# Fun Fact
Prostatasekret: Bei durchschnittlich 7000 Ejakulationen von je circa 5 ml liegt die Lebenszeitleistung der Prostata in einem Männerleben bei etwa 35 Litern Sekret.
Die Prostatamassage zur Diagnose von Erkrankungen
Das Abtasten der Prostata durch den Arzt ist eine Routineuntersuchung, die regelmäßig im Rahmen der urologischen Vorsorge bei Männern ab dem 45. Lebensjahr durchgeführt wird. So kann ein Größenwachstum der Prostata, eine Veränderung der Form und verdächtige Verhärtungen oder der Grund für auffällige Schmerzen entdeckt werden.
Bei dem Verdacht auf eine chronische Entzündung wird eine Prostatamassage durchgeführt, damit die Drüse ihr Sekret in die Harnröhre abgibt, das dann im Labor auf Entzündungszellen oder Bakterien untersucht werden kann. Wenn durch das Massieren der Prostata kein verwertbares Sekret vorne aus der Harnröhrenmündung austritt, wird stattdessen der erste Urin nach der Massage aufgefangen. Bei starken Schmerzen oder sogar Fieber sollte jedoch auf eine Massage der entzündeten Prostata unbedingt verzichtet werden, um eine Verschlimmerung der Beschwerden zu vermeiden.
Die Prostatamassage zur Therapie von Erkrankungen
Dass manche Männer durch die Stimulation der Prostata einen zusätzlichen Lustgewinn und somit möglicherweise bessere Erektionen haben, sei hier nur am Rande erwähnt. Verfechter der medizinischen Prostatamassage glauben, dass durch die Druckausübung die Durchblutung des Organs verbessert und so schädliche Substanzen aus der Prostata herausgepresst und ausgespült werden können. Dadurch könnten chronische Reizzustände oder beispielsweise Schmerzen beim Samenerguss gelindert werden. Der Rückgang von Entzündungen oder Schwellungen soll auch den Harnstrahl verbessern, weil die Prostata dann weniger Druck auf die Harnröhre ausübt.
Natürlich empfehle ich als Urologe immer, eventuelle Probleme bei der Erektion, beim Samenerguss oder beim Wasserlassen zunächst gründlich ärztlich abklären zu lassen, bevor Du selbst eine Prostatamassage als mögliche Therapie anwendest. Denn eine zu starke Massage der Prostata kann Deine Symptome sogar verstärken oder neue Probleme verursachen.
# Schon gewusst?
Die Samenflüssigkeit stammt zu 95 Prozent aus der Prostata und der Samenblasen. Nur 5 Prozent des Ejakulats stammen aus den Hoden und Nebenhoden.
Ist die Wirksamkeit bewiesen?
Leider gibt es keine guten Forschungsergebnisse, die den medizinischen Effekt einer Prostatamassage unterstützen würden. Die vorliegenden Studien sind entweder klein oder schon veraltet. Insbesondere bei einer chronischen Prostataentzündung kann die Massage nicht als Standard für eine Therapie empfohlen werden. Wenn Du aber aktuell keine Beschwerden hast und Deine Partnerin oder Dein Partner die Massage behutsam nach den oben genannten Regeln durchführt, richtest Du damit zumindest auch keinen Schaden an!
# Über den Autor
Dr. Christoph Pies ist Facharzt für Urologie und Buchautor. In seinem Podcast „Pinkelpause“ spricht er einmal wöchentlich über alle medizinischen Themen unterhalb der Gürtellinie. Mehr über Dr. Christoph Pies erfahrt Ihr hier.
Quellen:
Pies, Christoph: „Check-up Mann“, Herbig in der Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 2021
Pies, Christoph: „Fokus Prostata“, Herbig in der Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 2021
Franco JVA, Turk T, Jung JH, Xiao YT, Iakhno S, Garrote V, Vietto V. Non-pharmacological interventions for treating chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 5. Art. No.: CD012551. DOI: 10.1002/14651858.CD012551.pub3. Accessed 08 January 2022.
Nickel JC, Downey J, Feliciano AE Jr, Hennenfent B. Repetitive prostatic massage therapy for chronic refractory prostatitis: the Philippine experience. Tech Urol. 1999 Sep;5(3):146-51. PMID: 10527258.