Shemale
Das musst Du zum Shemale-Fetisch wissen
Vor allem aus der Pornoindustrie bekannt, steht der Begriff shemale (manchmal auch: she-male) für eine Transfrau (also Mann-zu-Frau trans), die Brüste, aber auch einen Penis hat. Unbelastet ist der Begriff allerdings nicht – Tatsache ist, dass viele Transmenschen den Begriff shemale als herablassendes, verletzendes Schimpfwort und einen „Shemale-Fetisch“ als entmenschlichend wahrnehmen.
Was ist Trans?
Trans ist ein Sammelbegriff für Bezeichnungen wie transsexuell, transgender oder transident. Da immer wieder argumentiert wurde, dass diese Begriffe aber andere Schwerpunkte setzen aufgrund ihrer Endungen, wird mittlerweile als neutralerer Überbegriff „trans“ genutzt. Für unser Beispiel heute geht es uns ganz streng genommen um diejenigen Menschen, deren körperliches Geschlecht nicht zu ihrer Geschlechtsidentität passt, und die deshalb den Körper ändern wollen. Bei den meisten von uns passt der Körper zu dem Geschlecht, mit dem wir uns identifizieren. Wir sind cis/cissexuelle/cisgeschlechtliche Menschen.
Viele Transmenschen nehmen aber Hormone ein und lassen sich operieren, damit ihr Körper dem Geschlecht angepasst wird, mit dem sie sich identifizieren. Manche wollen die Risiken einer Operation nicht eingehen und lassen deshalb ihre Genitalien nicht verändern. Bis heute kann es in Extremfällen dazu kommen, dass die Orgasmusfähigkeit verloren geht bei so einem Eingriff – und manche Menschen wollen dieses Risiko eben nicht eingehen. Kann ich verstehen. Viele andere aber leider nicht.
Sobald ein Mensch eine starre, konservative Geschlechtsschublade – sei es körperlich oder aber auch in der Geschlechtsrolle, also wie man das eigene Geschlecht nach außen hin zeigt und lebt – verlässt oder nicht mehr so leicht in eine der Schubladen „männlich“ vs. „weiblich“ reingestopft werden kann, wird die Gesellschaft richtig fies. Schaut euch um: Über Männer, die sich schminken, wird getuschelt, gelacht und kurzhaarige Frauen, die handwerklich begabt sind, werden als „Kampflesben“ beschimpft. Und das sind nur Menschen, die sich anders verhalten. Transmenschen, die sich anders identifizieren, werden noch viel mehr beschimpft und ausgegrenzt. Und in vielen Ländern bleibt ihnen daher nur die Sexarbeit.
Was bedeutet Shemale?
Shemale setzt sich aus zwei englischen Wörtern zusammen: She steht für Sie und Male für männlich. Der Begriff beschreibt also eine Verbindung der Geschlechter männlich und weiblich. Gleichzeitig ist es eine Anspielung auf den Begriff female, der übersetzt ganz einfach weiblich bedeutet.
Dieses Wortspiel hat einen ganz bestimmten Hintergrund: Als Shemale wurden früher meistens Menschen beschrieben, die Geschlechtergrenzen überschritten haben. Doch letztendlich bekam das Wort eine negative Konnotation und vor allem Frauen, die zu dominant oder herrisch auftraten, wurden oft böswillig als Shemale bezeichnet. In dieser Form war es sozusagen ein Synonym für den deutschen Begriff „Mannsweib“, der auch abwertend für „zu männliche“ Frauen verwendet wurde.
In den 1970ern erlebte die Porno-Industrie einen Aufschwung, erste Filmaufnahmen wurden produziert und bildeten den Anfang der heutigen Pornoindustrie. Wann genau der Begriff Shemale in diesem Bereich fruchtete, ist nicht ganz nachvollziehbar. Klar ist aber, dass seit Anbeginn der modernen Pornografie nicht nur cis Personen beim Akt gefilmt wurden.
Ist Shemale eine Beleidigung?
Wenn man sich den historischen Kontext des Begriffs anschaut, wurde er schon immer - ähnlich wie das Wort Zwitter - eher als Beleidigung verwendet. Allerdings, wie so oft mit Beleidigungen, gibt es Menschen, die sich den Begriff aneignen und ihn für sich positiv besetzen.
Zum Beispiel: Es gibt einige Transfrauen, die mit Sexarbeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie wissen genau, dass es eine Klientel gibt, die auf Frauen mit Penis steht. Um diese zu erreichen, bezeichnen sie sich selbst als „Shemale“ und auch als „Tranny“ – ein weiterer Begriff, der als Beleidigung für trans* Personen verwendet wurde und immer noch wird. Der Begriff Tranny-Porn wird ebenfalls häufig gegoogelt.
Diese Transfrauen pflegen einen selbstbewussten Umgang mit solchen Eigenzuschreibungen. Allerdings gibt es hier Reibungspotenzial, was auch viel damit zu tun hat, wie sichtbar Transmenschen in der Gesellschaft sind. Zum Beispiel ist es ein Fakt, dass Transfrauen in den Mainstream-Medien selten vorkommen. Das bedeutet Menschen, die sich zu Transfrauen hingezogen fühlen, stoßen im Internet häufig erstmal auf Pornografie.
Transfrauen findet man dementsprechend häufig in einem sexualisierten Kontext und sie werden dadurch oft darauf reduziert. Diese Sichtweise ist aber sehr eindimensional. Wenn man dann jede Transfrau darauf reduziert, wird genau das zu einem Problem.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Frauen nach wie vor häufig sexualisiert werden. Das Ganze potenziert sich leider, wenn man trans* ist. Man wird oft nicht als Mensch wahrgenommen, sondern oft als Fantasie oder auch Fetisch. Doch nicht jede Transfrauen ist automatisch eine Sexarbeiterin. Es ist erstmal total ok, wenn Du auf Pornoseiten nach Shemale oder Tranny suchst – doch benutzen solltest Du diese Begriffe als cis Person gegenüber Transmenschen nicht. Und wenn Du uns im Alltag triffst oder uns ganz normal daten möchtest, solltest Du uns nicht darauf reduzieren.
Shemale-Fetisch: Transfrauen in Pornos
Manche dieser Transmenschen, die sich teilweise die Genitaloperation nicht leisten konnten (in den meisten Ländern muss diese privat bezahlt werden), mussten in die Sexarbeit gehen, um überleben zu können. Hierbei ist aufgefallen, dass es heterosexuelle cis Männer gibt, die es besonders erregend fanden, von einer Frau mit Penis anal penetriert zu werden oder sie zu penetrieren.
Und genau auf diesen Zug ist die Pornoindustrie aufgesprungen: In die Kategorie shemale werden in der Regel Pornofilme eingeordnet, in denen eine Transfrau mit langen Haaren, Brüsten aber auch einem Penis Sex mit einem heterosexuellen Cis-Mann hat. Manchmal wird die Kategorie auch tranny genannt, was sich mit „Transe“ übersetzen lässt – mittlerweile auch ein reines Schimpfwort. Gegen die Filme an sich spricht überhaupt nichts, wir alle finden irgendwas erregend oder reizvoll – der Begriff der Kategorie ist aber ein No-Go! Shemale, also eine sie die männlich ist, beschreibt schon, dass die Darstellerin nicht als Frau akzeptiert wird. Und genau in dieser Absicht wird der englische Begriff genutzt: um Transfrauen verbal ins Gesicht zu schlagen, dass sie ja niemals eine „echte“ Frau sein könnten. Was heißt aber echt? Kinder bekommen können? Das bedeutet, alle Cis-Frauen, die keine Kinder bekommen können, oder ihre Menopause hatten, sind in Wahrheit keine Frauen?
“Shemale-Fetisch“: Die Fetischisierung von Transmenschen
Problematisch ist zudem, dass viele Transmenschen fetischisiert werden. Das heißt, sie werden als Objekt angesehen, mit dem man mal ein sexuelles Abenteuer haben kann, aber für eine Beziehung kommen sie nicht in Frage. Diese Reduktion auf den Penis treiben diese Pornos auf die Spitze. Um es mit den Worten meiner ehemaligen Patientin zu sagen: „Ständig schreiben mich hetero Männer an und fragen, ob ich noch meinen Penis hätte. Sie wollen penetriert werden. Sie interessieren sich nur für den Teil meines Körpers, den ich unbedingt loswerden will. Sie sehen mich nur als sexuelles Abenteuer, als Freak und Laune der Natur.“