Bindungsangst Mann

Den Begriff Bindungsangst kannst Du ganz wörtlich verstehen. Denn er beschreibt, dass jemand Angst vor Bindung hat. Damit geht oft einher, dass feste Beziehungen vermieden werden oder Menschen Angst vor einer Beziehung haben. Die wissenschaftliche Theorie zum Phänomen der bindungsängstlichen Männer liefert die Bindungstheorie von Bowlby und Ainsworth. Sie untereilen Menschen in vier verschiedene Bindungstypen: Der sichere Bindungstyp, der ängstliche Bindungstyp, der vermeidende Bindungstyp und der desorganisierte Bindungstyp.

Umgangssprachlich werden die Begriffe Bindungsangst und Bindungsvermeidung oft synonym verwendet, obwohl sie eigentlich unterschiedliche Facetten von Bindungsproblemen beleuchten. Ein Mann, der emotional schwer erreichbar ist, nicht über seine Emotionen spricht und sich in Bindungen immer eine Hintertür offenhält, ist streng genommen vermutlich eher ein Bindungsvermeider. Man könnte ihn alternativ auch Bindungsphobiker oder Liebesphobiker nennen.  

Bindungsangst tritt übrigens nicht nur beim Dating auf. Auch während einer festen Partnerschaft oder in Freundschaften kann Bindungsangst für ganz schön Unruhe sorgen. Die Furcht vor intimen und liebevollen Beziehungen kann von unterschiedlichen Dingen ausgelöst werden – die Ursache für Bindungsangst liegt allerdings oft in der Kindheit oder in vergangenen Herzschmerzen.

Die Gründe für die Bindungsangst beim Mann in der aktuellen Beziehung zu suchen, ist oft vergebens. Denn die Ursachen für Bindungsprobleme liegen oft weit zurück. Meist muss man bis zur Kindheit zurückgehen, um zu erkennen, woher die Bindungsangst kommt. 

Bindungsängstliche Menschen haben oft schon in ihrer Kindheit negative Bindungserfahrungen gemacht. Das bedeutet, dass ihre Eltern (oder ein Elternteil) den kindlichen Bedürfnissen nach Nähe und Zuwendung nicht angemessen gerecht werden konnten. 

Das kann beispielsweise daran liegen, dass die Eltern überfordert sind, selbst mit emotional distanzierten Eltern aufgewachsen sind oder Traumata in der Familie aufgetreten sind. Auch eine frühe Scheidung und der damit eingehgehende Verlust einer stabilen Kernfamilie kann zu Bindungsangst führen. Andere Verlusterfahrungen wie der Tod eines oder beider Elternteile führt ebenfalls häufig zu Bindungsangst im Erwachsenalter. 

Die Bindungsangst dient dabei als eine Art Selbstschutz. Wenn ich in der Vergangenheit Schmerz und Verlust wegen einer nahen Bindung erleiden musste, vermeide ich enge Verbindungen zukünftig, um mich selbst vor einer möglichen neuen Verletzung zu schützen. Bindungsangst beim Mann ist also eine Art Schutzschild, welches zwar den Mann selbst schützt, aber dafür für Verletzungen im Umfeld sorgen kann.

Aber warum ist die Kennenlernphase mit Männern mit Bindungsangst oft so entspannt, nur damit man dann später gegen emotionale Mauern rennt? Das liegt vor allem daran, dass in frühen Dating-Stadien oft noch keine tiefe emotionale Verbundenheit herrscht, sodass die Verlustängste nicht getriggert werden. 

Am Anfang wirken Männer mit Bindungsangst deswegen oft wie die perfekten Partner. Sie erobern Dich im Sturm, der Sex ist wild und abwechslungsreich und die Hoffnung, dass sich die emotionale Nähe noch mit der Zeit einstellen wird, existiert nach wie vor. 

Doch je länger der Kontakt, desto öfter tauchen Anzeichen für Bindungsangst auf. Er betont sehr oft, dass das alles nur Casual Sex ist und er weiß ohnehin noch nicht, ob er bereit für eine Beziehung ist? Dann könnten das erste Alarmglocken für bindungsängstliches Verhalten sein! Gerade, wenn Ihr Euch schon monatelang trefft und er immer noch nicht bereit ist, über Gefühle zu sprechen, steuert Ihr vermutlich gradewegs in eine Situationship, die mit großem Herzschmerz enden wird.

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Ghosting, plötzliche Kontaktabbrüche und im nächsten Moment wieder Annäherungsversuche: Wie soll man mit dem Verhalten von Männern mit Bindungsangst umgehen? Manchmal ist das tatsächlich gar nicht so leicht. 

Das Wichtigste zuerst: Das bindungsängstliche Verhalten hat in der Regel nichts mit Dir zu tun. Denn wie wir gesehen haben, resultieren viele Bindungsprobleme aus der Kindheit und leben in erwachsenen Partnerschaften quasi nur neu auf. Lass Dich durch sein unbeständiges Verhalten nicht verunsichern und kenne Deinen Wert. Du brauchst keinen Mann, der Dir sagt, dass du wertvoll bist, um tatsächlich wertvoll zu sein!

Wenn Du der Bindungsangst Deines Partners begegnen möchtest, hilft es, seine Ängste ernst zu nehmen. Indem Du ihm versicherst, dass Du Verständnis für ihn hast und an seiner Seite bleiben wirst (während er an seinen Bindungsproblemen arbeitet), kannst Du ihm möglicherweise die Angst nehmen, verlassen zu werden.

Aber wichtig: Es ist nicht Deine Aufgabe ihn zu retten! Oft suchen sich bindungsängstliche Männer (unbewusst) Partner:innen mit Helfersyndrom, die darin aufgehen, in einer Beziehung in die Therapeut:innen Rolle zu schlüpfen. Das führt auf Dauer aber zu einem gravierenden Ungleichgewicht, sodass eine Partnerschaft auf Augenhöhe kaum möglich ist. Die „I can fix him“-Mentalität kannst Du getrost ablegen. Entweder Du bist ihm wichtig genug, dass er sich selbst fixed oder es ist nicht mehr länger Deine Baustelle!

Du gerätst immer wieder an Männer mit Bindungsängsten? Dann lohnt es sich, den Blick auch mal auf Dich selbst zu lenken. Denn oft ist die Partnerwahl gar nicht so zufällig, wie wir oft denken. Wir suchen nach bekannten Mustern und denken möglicherweise auch, dass wir nichts anderes verdient hätten. Wenn wir in eine toxische Beziehung nach der anderen geraten, liegt die Verantwortung dafür nicht nur bei den Männern, sondern auch bei uns selbst. Hier kann eine Therapie oder Beziehungsberatung helfen, um eigene Datingmuster und Glaubenssätze aufzudecken.

Bei Männern mit Bindungsangst kommt es oft vor, dass sie sich von heute auf morgen nicht mehr melden. Die plötzliche Funkstille kann extrem verunsichern. Oft schleichen sich selbstkritische Gedanken ein: „Habe ich was falsch gemacht?“, „Habe ich ihn zu sehr unter Druck gesetzt?“ oder „Vielleicht ist ihm ja auch etwas zugestoßen?“. 

Meistens sind Männern, die sich spontan nicht mehr melden, durchaus wohlauf. Allerdings hat sie scheinbar eine Welle aus Bindungsangst überkommen, sodass sie lieber den Kontakt abbrechen, bevor die andere Person sie verlassen kann. 

Zu versuchen, einen Mann mit Bindungsangst zurückzugewinnen, ist oft ein hoffnungsloses Unterfangen. Je mehr Du ihm nachgehst, desto mehr wird er sich zurückziehen. Ihn mit Nachrichten zu bombardieren oder ständig anzurufen, hilft deshalb oft nicht, um den Kontakt widerherzustellen. 

Wenn er nochmal Kontakt aufnimmt, dann oft in der Form eines Booty Calls. „Na, hast Du heute Abend schon was vor?“ blinkt dann plötzlich auf dem Handy auf, obwohl man wochenlang keinen Kontakt hatte. Wenn Du mit dieser Unbeständigkeit umgehen kannst dann go for it! Wenn Du Dir allerdings einen verlässlichen Partner an Deiner Seite wünscht, solltest Du nach einem Ghosting keine zweiten Chancen vergeben.

Das Hin und Her ist Dir zu viel und Du beschließt, dass es Zeit ist, den Mann mit Bindungsangst loszulassen? Leichter gesagt als getan. Denn oft sind wir zu diesem Zeitpunkt emotional schon zu abhängig, um „einfach“ zu gehen. 

Schuld daran ist übrigens ein Phänomen namens intermittierende Verstärkung. Bekannt wurde dieses Prinzip der unregelmäßigen Belohnungen durch die Glücksspielsucht. Schon ein kleiner Gewinn reicht aus, um den Süchtigen bei Laune zu halten und erneut weit mehr zu investieren, als er gewonnen hat. Und in zwischenmenschlichen Beziehungen kann uns genau das gleiche passieren. Wenn wir Zuwendung und Aufmerksamkeit einer Person nur sporadisch bekommen, lösen die Nettigkeiten dann umso mehr einen Dopamin-Rausch aus, von dem wir schnell abhängig werden. 

Es kann also tatsächlich passieren, dass alle Mauern und Unverfänglichkeits-Bekundungen des Bindungsängstlichen nichts bringen und die andere Partie schon längst stark emotional involviert ist. Sich trotz Gefühle dazu entscheiden, eine Beziehung zu beenden, ist nie einfach. Aber wer Deinen Wert nicht erkennt, immer auf schwer zu haben macht und nur seine eigenen Bedürfnisse im Kopf hat, ist auf Dauer vielleicht nicht der richtige Partner für Dich. 

Liebeskummer ist in einer solchen Situation ganz normal, selbst wenn ihr nie offiziell zusammen wart. Deshalb helfen hier auch alle Dinge, die bei Herzschmerz helfen: Suhle Dich mit Liebeskummer Songs und Liebeskummer Gedichten in Selbstmitleid, lenke Dich bei einer kinky Party ab oder probiere den boysober Trend aus. Das Wichtigste: Sei Dir selbst gegenüber einfühlsam und mitfühlend. Schließlich musst Du gerade ein Gedankentraumschloss Stein für Stein auseinandernehmen – und das ist wirklich nicht angenehm.

Zum Schluss die gute Nachricht: Bindungsangst lässt sich überwinden! Sie ist kein unveränderbarer Zustand, der von jetzt an bis in alle Zeit so bleiben muss. Bindungsangst ist keine Krankheit, sondern eine Schutzstrategie. Und Schutzstrategien lassen sich verändern oder ablegen. Dabei können vor allem korrigierende Bindungserfahrungen helfen. Wer in Beziehungen oder Freundschaften die Erfahrung macht, dass andere Menschen an der eigenen Seite bleiben und einen nicht verlassen, kann die Bindungsangst Stück für Stück gehen lassen.

Oft ist das Überwinden von Bindungsangst allerdings nicht so leicht. Es ist ein langer Prozess, der viel Selbstreflexion erfordert. Auf Deiner Reise zu erfüllteren Beziehungen können Dich therapeutische Bücher unterstützen, die mit Reflexionsfragen zum Nachdenken anregen.

Besonders gut gelingt das Hinterfragen von Bindungsmustern übrigens in einer Therapie oder einer Beziehungsberatung. Einige Verhaltensweisen sind so tief verankert, dass wir sie ohne Impulse von außen kaum selbst erkennen können. Gerade Menschen mit Bindungsangst vermeiden gerne den Blick in die Vergangenheit, um die schmerzhaften Verluste nicht noch einmal spüren zu müssen. Doch leider ist dies oft der beste Weg, um sich der Bindungsangst zu stellen und erfüllende Beziehungen zu führen. Es braucht also den nötigen Willen, Geduld und etwas Unterstützung – doch dann kannst auch Du die Bindungsangst überwinden!

Fazit: Bindungsangst ist keine reine Männerkrankheit

Bindungsangst kann zwischenmenschliche Beziehungen gehörig sabotieren. Die Angst, verlassen zu werden, führt zu Verhalten, was zwar einen selbst schützen soll, andere dafür aber verletzt. Eine Beziehung mit einem bindungsängstlichem Menschen zu führen, ist daher herausfordernd. Beraterische und therapeutische Angebote können dabei unterstützen und Dir helfen, Deine Bindungsmuster zu hinterfragen.

Das gilt natürlich für alle Menschen, nicht nur für Männer. Denn negative Bindungserfahrungen in der Kindheit erleiden leider viele Personen, ganz unabhängig vom Geschlecht. Nun verstehst Du vielleicht etwas besser, woher die Bindungsangst kommt und wie Du damit umgehen kannst. Vergiss dabei nie: Du bist ein wertvoller Mensch, der sich nicht über zwischenmenschliche Beziehungen definieren muss!